Erfolgreiche Kommunikation über Schriftsprachzeich(n)en?
Ilona Rubi-Fessen, Andrea Araujo da Cunha, Ruth Nobis-Bosch & Prisca Stenneken (Universität zu Köln, RehaNova Köln, HSD Hochschule Döpfer, Köln)
Theoretischer Hintergrund
Eine Verbesserung der kommunikativen Teilhabe ist das wichtigste Ziel der Aphasietherapie und ein bedeutsames Wirksamkeitsmaß einer teilhabeorientierten Rehabilitation. In sprachsystematischen Diagnostika werden als expressive Modalitäten üblicherweise Sprechen und Schreiben untersucht. Erfolgreiche Alltagskommunikation kann jedoch auch über andere Kanäle wie Zeichnen oder Gestik gelingen. In multimodalen Therapieansätzen werden Schreiben oder non-verbale Strategien wie Zeichnen häufig zur Deblockierung des verbalen Wortabrufs eingesetzt (Pierce et al., 2019; Farias et al., 2006), in anderen wird Zeichnen explizit als kompensatorische Strategie beim Verlust verbaler Sprache vermittelt (Sachett, 2002). Im kommunikativ-pragmatischen Szenario-Test (Nobis-Bosch et al. 2020) wird neben der verbalen auch non-verbale Kommunikation wie Gestik, die Verwendung von Kommunikationshilfen oder Zeichnen erfasst.
Fragestellung
Führt eine verbal und non-verbal ausgerichtete Aphasietherapie zur Verbesserung linguistischer und kommunikativer Fähigkeiten?
Methode
Patient: AW mit postakuter Aphasie und schwerer Sprechapraxie
Therapie: Neben multimodaler verbaler Aphasietherapie, u.a. mit dem Ziel der Reaktivierung des graphematischen Output-Lexikons (GOL) zur Kompensation der sprechapraktischen Störung, wurde parallel die Modalität Zeichnen stimuliert.
Diagnostik: Vor und nach einer vierwöchigen Therapiephase wurden das Bielefelder Aphasiescreening (BIAS A&R; Richter & Hielscher-Fastabend, 2018) und der Szenario-Test erhoben.
Ergebnisse und Ausblick
BIAS A&R: Es zeigten sich signifikante Verbesserungen in der Gesamtleistung, Nachsprechen und beim lauten Lesen.
Szenario-Test: AW erzielte eine signifikante Verbesserung der Kommunikationsleistungen, die vor allem durch eine Zunahme der durch Zeichnen übermittelten Propositionen erreicht wurde (0/24 zu 11/24 Propositionen).
Obwohl in der Therapie gleichermaßen Schreiben (GOL) und Zeichnen geübt wurden, wurde im Rollenspiel des Szenario-Tests vor allem das nonverbale Zeichnen erfolgreich eingesetzt. Die Integration non-verbaler Kommunikationskanäle sollte bei Aphasie grundsätzlich gefördert werden.
Literatur
Farias, D., Dabies, C., & Harrington, G. (2006). Drawing: Its contribution to naming in aphasia. Brain and Language, 97(1), 53–63. https://doi.org/10.1016/j.bandl.2005.07.074
Nobis-Bosch, R., Brühl, S., Krzok, F., & Jakob, H. (2020). Szenario-Test. Testung verbaler und non-verbaler aphasischer Kommunikation. ProLog.
Pierce, J., Menahemi-Falkov, Maja, O’Halloran, R., Togher, L., & Rose, M. (2019). Constraint and multimodal approaches to therapy for chronic aphasia: A systematic review and metaanalysis. Neuropsychological Rehabilitation, 29(7), 1005–1041, https://doi.org/10.1080/09602011.2017.1365730
Richter, K., & Hielscher-Fastabend, M. (2018). Bielefelder Aphasie Screening A&R. Zur Diagnostik akuter und postakuter Aphasien. NAT.